Futurophobie

Angst. Jeder hat vor irgendetwas Angst. Sei es vor solch oberflächlichen Dingen wie Spinnen oder vor tiefergreifenden wie davor, eine wichtige Person zu verlieren. Viele sagen, dass sie vor dem Tod Angst hätten, aber ich glaube, dass müssen sie nicht. Vielmehr müssen sie Angst vor dem Nicht-Leben haben. Sie haben Angst vor den Schmerzen, die sie vielleicht erleben werden, wenn sie sterben. Manche Menschen haben auch gar keine Angst vor dem Sterben, im Gegenteil: Sie haben Angst vor dem Leben.

Ich habe auch Angst. Angst vor der Zukunft, vor allem vor Veränderung. Wenn sich jetzt schon alles so sehr verändert, wie wird das später sein? Werde ich mit 25 Jahren nach Hause zu meinen Eltern kommen und den Garten nicht mehr wiedererkennen? Möglicherweise nicht einmal das Haus finden, weil ich die Nachbarshäuser nicht kenne? Werden die große Weide, die Erle und die Tanne noch stehen? Im Moment sieht es ja nicht einmal danach aus, als würden sie in einem Jahr noch stehen.
Ich sage immer, dass meine Eltern alles mit dem Haus machen könnten, wenn ich ausgezogen sei. Dann muss ich das nicht miterleben. Aber ganz stimmt das nicht. Wenn ich meine Eltern besuchen werde, könnte alles ganz anders aussehen. Und das würde wehtun. Ich habe Angst davor, dass alles anders sein wird, negativ anders. Dass die Menschen um mich herum sich verändern, dass ich mich verändere. Ich habe Angst davor, dass mit den Dingen, die gehen, auch Erinnerungen gehen. Oder dass ich das, was einmal war, vermissen werde und zurückblicken und mir denken werde: Früher, als ich noch jünger war, da war alles besser. Oder zumindest diese eine Sache. Und das will ich nicht erleben.
Foto von Lina S.
Aber Angst ist in Ordnung. Jedenfalls so lange, wie man die Kontrolle nicht verliert. Gedanken sollten Gedanken bleiben und uns nicht dazu verleiten, Dinge zu tun, von denen wir wissen, dass wir sie im Nachhinein bereuen werden. Angst zu haben, ist wichtig. Sie hält uns davon ab, leichtsinnige Ideen umzusetzen. Es sollten bloß nicht zu viele Ängste auf einmal werden. Denn wenn Angst in Panik umschlägt, können wir uns selbst oft nicht mehr helfen.

von Lina S.