Kritik zum Film „Die Fotografin“

 

Quelle: Studiocanal: Die Fotografin
Lee Miller (Kate Winslet) sitzt in der Nachstellung eines ihrer berühmtesten Bilder in der Badewanne von Adolf Hitler

Kate Winslet ist ein Name, der spätestens seit „Titanic“ dem Großteil der Welt ein Begriff ist. Doch das ist nicht ihre einzige große Leistung. Mehrere Jahre später brachte sie an der Seite von Jim Carrey das Publikum in „Eternal Sunshine of the Spotless Mind“ zum Weinen und gewann für ihre Rolle in „Der Vorleser“ den Oscar als beste Hauptdarstellerin. Zum Blockbuster-Kino kehrte sie in einer Nebenrolle in der „Divergent“-Reihe zurück. Diese floppte jedoch so sehr, dass sie nie beendet wurde. Nach „Der Vorleser“ hat sich Kate Winslet nun wieder an die Thematik rund um den 2. Weltkrieg und die Shoah gewagt.

Im Film „Die Fotografin“ (engl. „Lee“), der am 19.09.2024 in den deutschen Kinos erschien, spielt Winslet Lee Miller, die erste richtige Kriegsfotografin der Geschichte. Diese hatte es nach langem Kampf geschafft als einzige Frau von der Armee mit an die Front genommen zu werden. Der Film handelt von ihrem Leben, ihrem Schaffen und ihren persönlichen Problemen. Inszeniert wurde der Film durch Winslet’s langjährige Bekannte Ellen Kuras, die beiden drehten bereits „Eternal Sunshine of the Spotless Mind“ zusammen. Hier war Kuras jedoch nur als Kamerafrau tätig.

Die ehemalige Kamerafrau Kuras beweist im Film ihr Können. Sie reproduziert die Bilder Millers und die Situationen, in denen diese geschossen wurden mit einer beeindruckenden Liebe zum Detail. Auch abgesehen von der Kamera beweist Kuras ein beeindruckendes Geschick. Sie und das für das Drehbuch verantwortliche Team sorgen dafür, dass wir uns durchgehend aus der Perspektive Millers mit der Situation auseinandersetzen und mit ihr zusammen erst Schritt für Schritt das Ausmaß der Gräueltaten des NS-Regimes entdecken und mehr darüber erfahren. Das gibt dem Film auch einen Touch, der sich zumindest in Teilen von anderen Weltkriegs-Dramen unterscheidet, da es für den Zuschauer noch eine ganz andere Perspektive beleuchtet. Außerdem gibt der rebellische Charakter Lee Millers dem Film eine teils sogar etwas verspielte Note. Es macht mir persönlich Spaß, wenn Miller Regeln zu ihrem Vorteil verbiegt oder ausnutzt. Auch ihre Empathie, die sie von den Soldaten unterscheidet, ist ein interessanter Zug, der die Figur von Lee Miller spannend macht. Sie war nicht nur Fotografin, sondern auch Feministin und auch das schlägt sich im Film und ihren Bildern nieder und zeigt die Wichtigkeit verschiedener Perspektiven auf den Krieg. Man sollte jedoch nicht über die Erzählweise des Films hinwegsehen. Diese ist an manchen Stellen etwas plump und durch die lineare Erzählung an manchen Punkten etwas vorhersehbar. Für mich ist das kein großer Kritikpunkt, da der Film an anderen Stellen um so mehr glänzt. Zudem darf der Cast angeführt von Kate Winslet nicht unerwähnt bleiben. Allen voran Winslet liefert eine beeindruckende und dreidimensionale Darstellung der Lee Miller und zeigt sie als nahbar, aber auch in all ihren Facetten und Fehlern. Vor allem ihre Darstellung von Millers spontanen künstlerischen Einfällen und Ideen bringt eine wirklich hoffnungsvolle Stimmung mit sich. Es ist definitiv eine weitere interessante Rolle in Winslet’s Repertoire und für mich das, was den Film am meisten aus der unglaublichen Masse an Biopics der letzten Jahre herausstechen lässt. Mich hat aber auch der Auftritt einer anderen Schauspielerin im Film sehr beeindruckt. Marion Cotillard (Inception, La Vie en Rose) spielt Millers Freundin Solange aus Frankreich. Sie ist nicht oft zu sehen, aber vor allem eine Szene, die aufzeigt, wie einfache Passanten unter dem Krieg leiden mussten, ist wirklich beeindruckend.

Quelle: Studiocanal: Die Fotografin
Marion Cotillard als Solange

Auch der Rest des Casts hat eine wundervolle Harmonie. Ausgenommen sind dabei jedoch zwei Personen. Die Beziehung von Miller und ihrem Ehemann habe ich Winslet und Alexander Skarsgard nur bedingt abkaufen können. Ich muss sogar sagen, dass es meinem Gefühl nach zeitweise zwischen Miller und Solange geknistert hat. Man sollte sich also vielleicht auch fragen, ob das so gewollt sein könnte. Da darauf in der Erzählung aber nicht weiter eingegangen wird sollte man diese Auffassung eher in die Schublade der subjektiven Wahrnehmung verschieben. Was man dem Team hinter dem Film definitiv zugutehalten muss, ist, dass sie alle Jahre lang für den Film kämpften, weil sie der Meinung waren, dass Millers Geschichte erzählt werden sollte und das ist meiner Meinung nach unbestreitbar. Denn Lee Miller gehört zu den vielen Frauen die Geschichte geschrieben haben und dafür immernoch zu wenig Anerkennung und Aufmerksamkeit bekommen.

 

Mein Fazit: Ein wichtiger, interessanter Film, der trotz ein paar Schwächen spannend und mitreißend ist. Kate Winslet sorgt dabei jedoch, mit einer weiteren unglaublichen Darstellung, für das größte Highlight. Auch die erzählte Geschichte hat definitiv eine Existenzberechtigung, da Lee Millers Werk und Schaffen definitiv zu wenig Aufmerksamkeit bekommt. Ich bin sehr fasziniert vom Film und gebe 9/10 möglichen Punkten.

Quelle: Studiocanal: Die Fotografin


von Aaron Baldeau

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