Fünf Jahre Hannahlyse - Eine Reise durch die Vergangenheit

Foto von Hannahlyse
Klassenzeitung der 6e
Im Jahr 2015 ergab es sich, dass die Klasse 6e unter der
Leitung einer (!) Redakteurin ein paar selbstgemalte Rätsel, Rezepte, Witze, Umfragen und Interviews sowie selbst erfundene Horoskope zu einer zusammenkopierten Klassenzeitung zusammenfügte. Aufgrund neuer Klassen verlief diese zunächst im Sande.

Die glorreiche Idee
Zwei überaus motivierte Lehrkräfte witterten einen großen Erfolg und konfrontierten fünf ihrer ehemaligen Schüler*innen zwischen Tür und Angel mit der Idee einer Schüler*innenzeitung. „Etwa für die ganze Schule?“, war der erste Gedanke einer dieser Schüler*innen. Da es keine Einwände gab, wurden nun mit viel Euphorie und Überzeugungskraft weitere potenzielle Mitglieder gesucht. Aber was ist der nächste Schritt?

Wir brauchen Profis! – Die Junge Presse Niedersachsen
Layout, Inhalte, journalistische Fähigkeiten, der Druck und nicht zuletzt das liebe Geld – es gab zu viele offene Fragen für zu wenig Kompetenz. Auch hier hatten die Lehrkräfte eine zündende Idee: Die Mobile Medienakademie der Jungen Presse Niedersachsen. Gesagt – getan. Mit ein paar Mitschüler*innen, deren Interesse durch den Flurfunk geweckt wurde oder die einen Tag vom Unterricht befreit werden wollten, war die Mindestteilnehmendenzahl schnell erfüllt. Einen Tag, viele Antworten auf jegliche Fragen und ein gutes Buffet später war ein großer Schritt getan. Der 13.06.2016 war der Grundstein für die Gründung der Schüler*innenzeitung.

Die ersten Ausgaben
Im Schuljahr 2016/17 war die Schüler*innenzeitung offiziell als Arbeitsgemeinschaft ausgeschrieben. Die 18 Teilnehmenden des Workshops wurden mit einigen personellen Veränderungen zu einer Redaktion von 21 jungen Journalist*innen. Eine Einarbeitung in ein Layoutprogramm, eine Vielfalt in den Texten und viele grundlegende Fragen trafen hier aufeinander. Wo wird die Zeitung gedruckt? Wie sollte ein Logo aussehen? Wie viel würde man wohl für eine Zeitung bezahlen? Auch Nebensächlichkeiten wie der Name mussten noch beschlossen werden. Nach Vorschlägen wie Tintenklecks, Blueprint, der Aufreißer, Kontrapunkt, Stachelblatt und Co kam ein Elternteil auf die Idee, Hannah Arendt mit analysieren zu kombinieren. Nach mehreren Wahlgängen war die Zeitung mit „Hannahlyse“ getauft. Das Titelbild wurde in einem Fotoshooting selbstverständlich selbst geschossen und dann mit einer Handyapp bearbeitet. Im November erschien die erste Ausgabe der neuen Hannahlyse.

Aufgrund des unstillbaren Ehrgeizes sollte die nächste Ausgabe zu den Weihnachtskonzerten, also nur vier Wochen später erscheinen. Gerade für eine ungeübte Redaktion war dies eine schier unmögliche Aufgabe. Am ersten Tag der Konzerte wollten zwei junge Redakteurinnen dem Layout den letzten Schliff verpassen, fanden auf dem Computer aber nur das PDF und nicht die eigentliche Layoutdatei vor. Somit ließ sich die Ausgabe nicht mehr digital bearbeiten. Was macht man in der Not? Man druckt sich die Datei aus und korrigiert die letzten Änderungen mit Stift und Tipp-Ex. Da dies im Lehrer*innenzimmer geschah, wurden die beiden 13-jährigen von einer Lehrerin doch glatt für die neuen Referendarinnen gehalten. Aber: Die zweite Ausgabe konnte gedruckt und pünktlich herausgegeben werden!

Der Vetrieb
Verkauft wurden die Hannahlysen traditionell an den Konzerten, nachdem sich der Pausenverkauf als eher unpraktisch und weniger gewinnbringend erwies. Hier entwickelte sich mit den Jahren aber dann eine regelrechte Routine. Neben dem nahezu immer gleichen Verkaufsort neben dem Kiosk und einem schönen Verkaufsstand wurden aber auch Prioritäten besonderer Art gesetzt. So legte eine Schülerin des Marketingteams besonders großen Wert darauf, dass die Kekse, die treue Kund*innen zum Kauf dazubekamen, immer gerade und der Geschmackssorte nach geordnet auf dem Tisch vorzufinden waren. Einige besonders treue Kund*innen zogen es vor, die gerade erworbenen Zeitungen als Mittel für eine kleine Prügelei zu verwenden. Prügeleien gab es auch immer wieder auf Seiten der Redaktion: Nämlich mit dem Beamer, der nebenbei den Blog der Hannahlyse (näheres dazu im weiteren Verlauf des Artikels) bewerben sollte. Trotzdem: Die Konzerte werden für die Redaktionsmitglieder immer in guter und lustiger Erinnerung bleiben.

Das 50. Schuljubiläum des GTG/HAG
Für das Schuljubiläum stand für die Hannahlyse fest: Eine besondere Ausgabe musste her. Daher gab es vorher ein paar Projekttage, in denen eine neue Ausgabe und ein Film über die Projekttage zum Schuljubiläum entstand. Der Film bereitete nicht nur beim Drehen und Bearbeiten viel Spaß, sondern auch beim Abspielen am Jubiläum selbst, da dieverschiedenen Lautstärken sich voneinander so stark unterschieden, dass die Lautstärke fortwährend manuell gepegelt werden musste. Außerdem wurde während der Projekttage der Mitgliedsstatus „passives, aktives Mitglied“ eingeführt, als eine Redakteurin nicht regelmäßig an der AG teilnehmen konnte. Versorgt wurde die Redaktion mit Pizza, welche aufgrund fehlender Hilfsmittel zerrissen werden musste. Davon gestärkt konnte die Jubiläumsausgabe angegangen werden. Zu diesem feierlichen Anlass sollte die Hannahlyse das erste Mal in Farbe erscheinen, allerdings trotzdem wie gehabt auf den Schuldruckern produziert werden. Da eine große Nachfrage vermutet wurde, sollten es zehnmal so viele Ausgaben wie das Alter der Schule sein – also 500. An der Schule gibt es genau zwei Drucker, an denen überhaupt in Farbe gedruckt werden kann. Der erste gab nach den ersten paar Ausgaben schon den Geist auf – bei dem zweiten Drucker funktionierte der Druck nach ein paar Startschwierigkeiten zwar reibungslos, allerdings wurde ein paar Redaktionsmitgliedern hierbei untersagt, sich im gleichen Raum wie der Drucker aufzuhalten, da dieser Druckergase ausstoße. Wie viele Ausgaben von den 500 nun gekauft wurden? Nun, es befinden sich immer noch etwa 200 Ausgaben in den geheimsten Aufbewahrungsorten der Hannahlyse, vielleicht auch 300.

Projekttag an der Petrusgemeinde
Einen weiteren Projekttag gab es im Juni 2018. Hier konnte mit freundlichster Unterstützung zweier Eltern sowohl das Layout als auch inhaltlich unsere Zeitung verbessern. Zu diesem feierlichen Anlass begleitete die Presse die Hannahlyse selbstverständlich. Auch hier gab es Pizza und zur Feier des Geburtstages eines Redaktionsmitglieds ließ das Geburtstagskind selbst den Geburtstagskuchen fallen. Alles in allem war dies trotzdem ein sehr gelungener Tag.

Unzensiert und die Junge Presse Niedersachsen
Da einige unserer Gründer*innen, schon bevor es die Hannahlyse überhaupt gab, im zarten Alter von zwölf Jahren an Seminaren der Jungen Presse Niedersachsen teilnahmen, war auch klar, dass die Hannahlyse hier Mitglied werden musste. So wurde sie auf der JPN-Mitgliederversammlung im Februar 2018 einstimmig als Mitglied aufgenommen. Als im Jahr 2019 der Schüler*innenzeitungswettbewerb „unzensiert“ ins Leben gerufen wurde, hat sich die Hannahlyse selbstverständlich beworben. Als keiner der Plätze der Hauptkategorie „Gymnasien“ erlangt wurde, war die Enttäuschung, aber auch die Empörung zunächst groß. Im Vergleich zu den anderen Zeitungen wurde schnell klar, was unser Knackpunkt war – das Layout. Dies sah auch die Jury so, weswegen der Deutsche Journalisten Verband (DJV) einen Sonderpreis extra für die Hannahlyse ins Leben rief: Den Sonderpreis für kritische Berichterstattung. Bei der Preisverleihung in Hannover im Künstlerhaus saß ein erlesener Teil der Redaktion ganz oben in der letzten Reihe im Kino und konnte, da dieser Sonderpreis als letztes verliehen wurde, das ganze Preisverleihungsgeschehen von oben betrachten und kommentieren. Bei der Laudatio wurde unser „Layout aus den 80ern“ angesprochen, auf der anderen Seite wurden unsere inhaltlichen Stärken und insbesondere die kritische Seite, zum Beispiel mit der Frage, ob Schulsport bewertet werden sollte, stark hervorgehoben. Als der Moderator die Redaktion auf der Bühne fragte, ob sie seine Sportnoten der Schulzeit rückgängig machen könnten, gelang einer Redakteurin vor dem gesamten Publikum der mehr oder weniger gekonnte Ausruf: „Nein, aber das macht doch nichts, du hast doch andere Qualitäten!“ Das Fazit der Redaktion nach diesem Wettbewerb: Besser so als eine langweilige, aber schicke Zeitung. Dennoch war klar: Das Layout der Hannahlyse bedurfte eines Tapetenwechsels.

Eine besondere Fahrt
Dieser Tapetenwechsel entstand auf der ersten Schüler*innenzeitungsfahrt der Hannahlyse Ende August 2019. In einem riesig großen Haus in Bergkirchen nur für die Redaktion gab es genügend Raum für kreative Gestaltung, neue Ideen und eine schöne, gemeinsame Zeit. Mit zwei Übernachtungen hatten wir dafür auch noch genügend Zeit. So gab die JPN uns die zweite MobAk und erarbeitete Grundlagen journalistischer Arbeit sowie die Einführung in ein neues Layoutprogramm. Mit ein bisschen Übung kam es schon bei den kommenden Weihnachtskonzerten zu einer neuen Ausgabe mit wunderschönem Layout, welche sogar in einer richtigen Druckerei gedruckt wurde. Außerdem fanden großartige Spiele wie das Amöbenspiel, ein Improtheater und eine Übung zu verschiedenen Textformen am Beispiel einer Unfallsituation statt. Nicht zu vernachlässigen ist außerdem eine ganz eigene Komposition des Hits „Señorita“ von Shawn Mendes und Camilla Cabello, die uns noch lange begleiten wird.

Die digitale Seite der Hannahlyse
Als Digital Natives war für uns ab der ersten geschriebenen Headline klar, dass es die Hannahlyse nicht nur in analoger Form geben soll. Doch war dies lange Zeit nur ein unklares Hirngespinst der Zukunft, so ging es nach etwa einem Jahr dann auf einmal ganz schnell. Innerhalb einer Doppelstunde wurden ein Blog, ein Instagram-Account und ein Facebook-Account gegründet. Mit der Zeit wurde aus einem anfänglichen Blog mit einem einzigen Artikel eine Möglichkeit, auch aktuellen Journalismus zu betreiben. Aus dem Instagram-Account, der zu Beginn noch gar nicht genutzt wurde, wurde eine direkte Anbindung an die Schüler*innen selbst, die bis heute für Gesprächsstoff sorgt (mehr dazu in dem Artikel „Die neue Instagram-Policy“ auf Seite).

Die Redaktionsräumlichkeiten
Die Geschichte der Räumlichkeiten der Hannahlyse ist seit je her ein regelrechter Krimi. In den ersten Jahren fanden die Redaktionssitzungen meist in der obersten Etage des B-Turms statt, da hier ein funktionierender Laptopwagen die journalistische Arbeit erleichterte. Allerdings mussten der redaktionseigene Laptop und die Kamera jedes Mal erst aus dem Lehrer*innenzimmer die Treppen hinaufgetragen werden. Da auch immer mehr Material wie alte Ausgaben, Flyer oder eine Ideenkiste anfiel, konnte die Hannahlyse bald in den Raum der Schüler*innenvertretung in der C2-Ebene einziehen. Hier gab es sogar einen verschließbaren Schrank und, nachdem einige Redakteur*innen zusammengelegt hatten, eine Kaffeemaschine. Dies stieß auf redaktionsumgreifenden Protest, sodass von den Lehrkräften auch noch ein Wasserkocher gesponsert wurde. Als der Raum dann wieder für den Unterricht genutzt werden sollte, bekam die Redaktion zusammen mit der SV einen Raum bei den Kunsträumen. Dieser wurde sowohl von der Redaktion als auch von der SV beginnend gestaltet, als es zu einem kleinen Durcheinander kam, welches letztendlich dazu führte, dass nun wieder der Raum in der C2-Ebene genutzt wird, allerdings auch als Unterrichtsraum.

Endlich auf dem Treppchen
In diesem Jahr nahm die Hannahlyse dann zum dritten Mal am unzensiert-Wettbewerb der Jungen Presse Niedersachsen teil, nachdem sie im Jahr zuvor leer ausging. Doch gerade mit dem neuen, eingespielten Layout war dieses Mal die Hoffnung groß. Als mit einer Pressemitteilung die Nachricht kam, war die Freude groß. Die Hannahlyse hatte den dritten Platz der Gymnasien gewonnen! Endlich spielte sie nun in der Hauptkategorie mit – und das sogar auf dem Siegertreppchen. Etwa ein halbes Jahr später – im Juli 2021 bekam die Redaktion ein kleines Paket mit der eingerahmten Urkunde, einem Check, vielen Süßigkeiten, Luftballons, kleinen Geschenken und, nicht zu vergessen, der Krone, die das aktuelle Titelbild der Hannahlyse ziert. Bei der digitalen Preisverleihung am 09. Juli 2021 wurde von der Laudatorin, einer Journalistin der HAZ, besonders die kritische Recherche und die rechtliche Sicherheit hervorgehoben. Denn die Hannahlyse weise nicht nur wichtige Quellen und Bildnachweise auf, mit Schüler*innen als Verantwortliche im Sinne des Presserechts (ViSdP) zeige sie außerdem eine besondere Eigenständigkeit. 

 

Von Rieke D.