Abitur und was dann?

Foto von Rieke D.
Im Interview mit FSJlerin Jana Oppermann

Sie hat letztes Jahr bei uns am HAG Abi gemacht und arbeitet jetzt in der Redaktion von "radio aktiv", dem lokalen Radiosender in Hameln. Als Journalisten interessiert uns diese Arbeit natürlich brennend und deshalb haben wir ihr ein paar Fragen gestellt:

Wie bist du zu deiner Arbeit beim Radio gekommen? 
Nach meinem Abi letztes Jahr wollte ich unbedingt ein Freiwilliges Soziales Jahr machen, weil ich wusste, dass ich etwas Praktisches machen möchte, um danach zu studieren. Ich habe zuerst versucht, ein FSJ in der Politik zu machen, da bin ich aber nicht reingekommen. Aus Frust, dass das dann nicht geklappt hat, habe ich mich beim LKJ (Landesvereinigung Kulturelle Jugendliche Berlin e. V.) beworben, das ist eine Organisation, bei der man sich für ein FSJ Kultur bewerben kann. Das war aber erst mal ganz unverbindlich. Nach ein paar Wochen kam dann so eine Nachfrage, was ich mir denn genau vorstellen könnte. Es war aber immer noch eher unkonkret, ich habe dann geschrieben, dass mich die Richtungen Deutsch und Geschichte interessieren. Aufgrund davon wurden mir dann Vorschläge gemacht, unter anderem eben auch der Sender "radio aktiv". Dann habe ich es einfach probiert, wusste aber noch nicht so genau, weil es erstmal nur eine von vielen Optionen war. Also ich hatte schon Lust auf Radio, war mir aber auch ein bisschen unsicher. Im Mai war ich dann zwischen den schriftlichen und den mündlichen Prüfungen hier beim Sender, habe alle kennengelernt und es hat mir sofort super gut gefallen. Eine Woche später hatte ich dann den Platz und seit dem 01.09. arbeite ich jetzt hier. In diesem FSJ arbeite ich ganz normal, ich habe meine Projekte und fahre zwischendurch auf Seminare, die ganz viel Spaß machen.

Wie sieht dein Arbeitsalltag, beziehungsweise dein Tagesablauf hier aus?
Ich bin meistens gegen neun Uhr in der Redaktion, dann lese ich meistens erst einmal etwa eine Stunde, um von Neuigkeiten und Projekten zu erfahren. Gerade weil ich nicht aus Hameln komme, funktioniert das hauptsächlich über Pressemitteilungen und Zeitungen. Um zehn Uhr ist dann für eine halbe Stunde unsere Redaktionssitzung, in der wir uns über Verschiedenes absprechen und sagen, wie unser Stand zu unseren aktuellen Arbeiten ist. Danach habe ich dann meistens eine Aufgabe. Das können zum Beispiel Veranstaltungen am Theater, Schülerprojekte oder abends Ratssitzungen sein. Aber diese Termine sind sehr unterschiedlich.

Dein FSJ ist ja im Bereich Kultur. Sind die Themen, über die du berichtest, auch eher kulturell?
Ja, Kultur ist auf jeden Fall der Schwerpunkt, auch wenn es manchmal ins Politische geht.

Könntest du dir vorstellen, nach deinem Studium wieder beim Radio zu arbeiten?
Eigentlich kann ich es mir schon vorstellen, aber sicher bin ich mir nicht, weil ich immer dachte, dass mir das Schreiben eher liegt. Hier mache ich meistens auch eher redaktionelle Arbeit, also ich spreche nur manchmal kurze Texte ein. Ich habe jetzt auch ein Projekt, da alle FSJler eins machen müssen und dafür spreche ich kurze Texte, aber sonst schreibe ich sehr viel.

Was ist denn das für ein Projekt?
Bei uns gab es früher immer eine Jugendradiosendung, die jeden Samstag lief und irgendwann lief sie aus, weil die Hörer immer älter werden. Im letzten Jahr habe ich damit wieder begonnen und mich einmal in der Woche mit interessierten Jugendlichen getroffen und wir sind jetzt jeden zweiten Samstag für eine Stunde auf Sendung, bei der die Themen und die Musik eher Jugendliche ansprechen sollen. Wir hoffen jetzt natürlich, dass wir dadurch, dass Jugendliche für Jugendliche Radio machen, den Jugendlichen wieder Spaß am Radio geben können.

Ich habe auch das Gefühl, dass Jugendliche Musik eher über Youtube, Spotify und Co. hören und nicht im Radio.
Ja, das ist auf jeden Fall so und Nachrichten werden meistens auch nur noch über soziale Netzwerke empfangen und das ist total schade.

Was ist denn charakteristisch für die Arbeit beim Radio? Braucht man irgendwelche Voraussetzungen?
Man sollte sich auf jeden Fall gut ausdrücken können. Das ist auch etwas, was glaube ich oft verwechselt wird, weil viele denken, man müsse Sätze möglichst gut umschreiben können. Eigentlich ist es aber das Gegenteil, denn man sollte Dinge möglichst einfach erklären und kurz fassen können. Man sollte auch gerne erklären können und auch kein Problem damit haben, auf Menschen zuzugehen, weil du zum Beispiel auch kein Problem damit haben darfst, einen Politiker anzusprechen und ihm Fragen zu stellen. Außerdem sollte man sich für seine Umgebung interessieren, aber da kann man eigentlich sehr leicht hineinwachsen. Ich würde nicht sagen, dass ich dafür Voraussetzungen hatte, sondern ich habe es einfach mal ausprobiert.

Was macht dir denn bei deiner Arbeit hier am meisten Spaß? Das Schreiben oder sich etwas auszudenken?
Ich finde die Mischung ganz gut. Ich schreibe schon ganz gerne, aber es macht natürlich auch total viel Spaß, herumzufahren und ganz viele Sachen kennenzulernen. Mal bin ich den ganzen Tag unterwegs und dann sitze ich mal wieder zwei Wochen nur am Schreibtisch. Ich konnte auch schon überall einen Einblick bekommen. Aber auch wenn ich unterwegs bin, lerne ich so viele Dinge kennen, die ich sonst nicht kennengelernt hätte. Ich war letztens zum Beispiel in einem Rockclub und normalerweise hätte ich wahrscheinlich nie einen Einblick darin bekommen.

Was waren denn bisher besonders interessante Erlebnisse für dich?
Also zum einen auf jeden Fall die Seminare. Die sind wirklich super, weil man nicht nur einfach dasitzt und zuhört, sondern es gibt immer Workshops zu bestimmten Themen. Bei dem Ersten war es Fotografie, bei dem Zweiten war ich in Kreatives Schreiben/Poetry Slams und es gab auch noch Theater. Das sind richtig coole Sachen, die du eine Woche lang mit Menschen machst, die du da dann kennenlernst. Ansonsten war ich einmal in Hachmühlen auf einem Tierschutzhof und habe darüber einen Beitrag gemacht und das fand ich auch sehr spannend, weil ich mit dem Besitzer reden konnte, die Tiere gestreichelt habe und es einfach nur aufnehmen musste, das hat mir sehr viel Spaß gemacht. Eine Kollegin von mir war in der Jugendanstalt Hameln, das ist eine Justizvollzugsanstalt für Jugendliche, und da sieht man, dass man als Presse Einblicke bekommt, die man normalerweise eher nicht bekommen würde. Aber eigentlich macht alles Spaß, ich hatte bisher noch keinen Beitrag, den ich super unangenehm fand.

Besteht dein Arbeitstag denn eher aus Büroarbeit oder ist es so, wie sich die Menschen eine*n rasende*n Reporter*in vorstellen, also einen Tag, der nur aus Terminen besteht?
Das kommt total auf die Zeit an. Wir sind ja von Montag bis Freitag hier, aber am Wochenende muss auch Programm laufen. Also entweder haben wir gut vorgearbeitet, aber vor Weihnachten hatte ich sehr viele Termine. Jetzt geht aber vieles natürlich auch per Telefon oder die Menschen kommen in die Redaktion. Also es ist wirklich unterschiedlich.

Was ist deine Intention dahinter, Radio zu machen? Ist es, den Hörern Informationen zu übermitteln oder ihnen ein Stück von der Welt näherzubringen?
Ja, es ist Menschen zu informieren, aufzuklären und auf Dinge hinzuweisen. Ich würde sagen, dass Radio alles Wichtige vereint und vor allem so ganz nebenbei. Viele Menschen hören Radio ja zum Beispiel beim Autofahren.

Du bist eher zufällig zum Radio gekommen. Siehst du beim Radio Vorteile gegenüber anderen Medien, wie Zeitung oder Fernsehen?
Ich glaube, die Arbeit ist relativ gleich, aber ein Vorteil beim Radio könnte sein, dass man die Menschen hört. Bei der Zeitung müssen die Texte so formuliert sein, dass die Stimmung möglichst gut vermittelt werden kann. Beim Radio fühlst du die Stimmung eher, weil du es hörst. Du kannst das Mikrofon mit auf ein Konzert nehmen und hörst dann die Hintergrundgeräusche, wie das Gelächter und den Applaus, das ist emotional glaube ich noch ein bisschen etwas anderes.

Möchtest du noch etwas sagen?
Ich kann nur sagen, dass sich ein FSJ Kultur auf jeden Fall lohnt, auch für die, die kein Abitur haben oder machen wollen, weil man ein FSJ auch mit einer Fachhochschulreife oder einem Realschulabschluss machen kann. Guckt euch einfach mal die Angebote an, FSJler werden dringend gebraucht, es macht total viel Spaß und man lernt ganz viel über sich selbst und über das Leben. Traut euch!

Vielen Dank für das Interview, liebe Jana! 

von Rieke D.