Interview mit der Colourful- AG zum Thema "Sexismus an Schule!?"


Foto von Hannahlyse
Was unternimmt eigentlich die Colourful AG gegen die neuen Farben der Toiletten? Was denken sie darüber? Wir hatten die Möglichkeit ein Interview mit der AG zu führen, hier sind unsere Fragen und ihre Antworten!

Wie steht ihr generell zu den neuen Farben?
Ohne Frage sind Pink und Blau an sich schöne Farben. Allerdings sind diese Farben mit Stereotypen verknüpft, die keinen wirklichen Sinn ergeben. Stattdessen werden Grenzen zwischen den Geschlechtern gezogen, die nicht gezogen werden sollen.
Ob man davon überzeugt ist, dass es nur zwei oder mehr Geschlechtsidentitäten gibt, spielt bei der Debatte keine Rolle. Wir alle sind individuelle Persönlichkeiten und wollen doch nicht auf unser Geschlecht reduziert werden. Es mag bei harmlosen Dingen wie Farben anfangen, geht über Spielsachen für Kinder, Einschränkungen in der Mode, bis hin zu Geschlechterrollen und Ungleichbehandlungen von Frauen und Männern.

War dies überhaupt Thema bei euch in der AG?
Natürlich sind die neuen Farben Thema bei Colourful! Und jetzt soll endlich gehandelt werden!
Die letzten Wochen haben wir bei der Realisierung des Flashmobs "One Billion Rising", einer "Tanzdemo" gegen die Gewalt an und die Unterdrückung von Frauen, mitgewirkt. Dieses Thema ist uns sehr wichtig. Wir sprechen uns, was sich auch an unserem neuen Stellwandprojekt erkennen lässt, aktiv für die Gleichberechtigung aller Geschlechter bzw. Geschlechtsidentitäten aus. Physischen, als auch psychischen Druck, den die Gesellschaft (häufig unbewusst!) ausübt, wollen wir durch Aufklärungsarbeit mindern. Daher bleibt das Thema der Toilettenfarben definitiv nicht unkommentiert!

Steht es nicht im Konflikt, in einer Schule mit Unisex-Toilette, die Mädchen und Jungs Toiletten in stereotypischen Farben zu streichen?
Natürlich ergibt sich daraus ein Konflikt, der uns sehr enttäuscht hat. Genauso wie die SV haben wir es uns zur Aufgabe gemacht, die Schulpolitik aktiv mitzugestalten. Wir halten Meinungsfreiheit hoch und wollen lediglich Angebote machen, die Schüler*innen annehmen können oder eben nicht, sofern sie sich tolerant verhalten. Angenommen, die Schule bzw. die Stadt hätte in die Renovierung der Toilette für Alle investiert (die dreckig und teilweise defekt ist), hätten Schüler*innen die freie Wahl, auf welche Toilette sie lieber gehen. Niemandem soll etwas aufgezwungen werden. Die neuen Farben sind ebenso ein politisches Statement wie unsere Toilette. Wenn auch ein Unbewusstes. Das Gegenteil von gut ist in diesem Fall "gut gemeint": Diese Farbgebung ist tief im kulturellen Gedächtnis verankert und wird als "Norm" angesehen. Kulturelle Werte sind wichtig, aber freiheitsbeschränkende Traditionen sollten durchbrochen werden.

Bei uns in der Redaktion stand schon der Vorwurf des Sexismus im Raum, wie steht ihr dazu?
Der Vorwurf eurer Redaktion ist definitiv nicht unbegründet! Die Toilettenfarben waren nicht nur bei uns in der AG Thema, sondern auch unter vielen anderen Leuten. Neben dem Vorwurf, die Farben seien kitschig, erkennen viele Schüler*innen die versteckte Botschaft dahinter, die bestimmt ungewollt, aber dafür gänzlich undurchdacht gewesen ist. Und diese Botschaft, wie wir ja schon erklärt haben, ist sexistisch. Neutrale Farben wären uns und vielen anderen lieber gewesen.
Wir möchten damit nicht sagen, dass es keine Unterschiede zwischen Frau und Mann geben darf, allerdings ergeben sich mögliche Unterschiede von allein und sollten nicht vorgeschrieben werden. Jeder Mensch hat ganz individuelle Lebensentwürfe, die irgendwann hoffentlich unabhängiger vom Geschlecht oder der Geschlechtsidentität sein werden.

Gibt es von eurer Seite schon Pläne, um ein erneutes Streichen der Toiletten durchzusetzen oder etwas anderes dagegen zu unternehmen?
Man mag uns vorhalten, dass es ja so viele vermeintlich wichtigere Themen gibt. Klimawandel, Welthunger, Krieg, ... Die Liste ist lang, was regt man sich da über Farben auf? Argumentiert man so, dürfte man gar nicht mehr an Problembaustellen arbeiten. Schlimmer geht immer. Aber hört man deshalb auf, ein Kind, das hinfällt, zu trösten? Der Sexismus ist, selbst wenn Deutschland zum Glück auf hohem Niveau meckern darf, ein wichtiges Thema! Es sind nicht nur die Farben, aber mit scheinbar belanglosen Dingen wie Farben fängt es an. Daher brauchen wir Statements der Toleranz und Akzeptanz!
Nach der Mardorfwoche haben wir begonnen, Unterschriften zu sammeln. Wir hoffen außerdem, eine Umfrage über IServ starten zu können, um vielfältige Meinungen einzuholen. Ebenfalls ist uns ein Gespräch mit der Schulleitung sehr wichtig. Und wenn die Belange der Schüler*innen ernst genommen werden, kann man hoffentlich Maßnahmen ergreifen, mit denen wir alle zufriedener sind.

Wir danken der Colourful AG für die Mühen, all diese Fragen beantwortet zu haben.

von Justus H., Leon B. und Mattis J.